Über die Werkstattarbeit
Bei der Werkstattarbeit geht es darum Kindern die Möglichkeit zu geben in ästhetischer, naturwissenschaftlicher und architektonischer Form zu arbeiten, zu experimentieren und sich künstlerisch zu betätigen.
Entwicklung in den 1980er Jahren
Der Ansatz der Werkstattarbeit wurde zusammen mit dem offenen Konzept in den 1980er Jahren in Deutschland entwickelt. Die Ursprünge sind dennoch in der Reformpädagogik des 20. Jahrhunderts zu finden. So setzen sich schon Maria Montessori oder Célestin Freinet für mehr künstlerische und naturwissenschaftliche Betätigung der Kinder ein. Zentrales Dogma der Werkstattarbeit ist – wie in der Reformpädagogik auch - Kinder eigenständige Erfahrungen machen zu lassen und sie dabei gleichzeitig als komplette und einzigartige Persönlichkeiten wahrzunehmen, die ihre eigenen Entscheidungen treffen. Für die Kinder soll ein Raum geschaffen werden, der ihnen vielfältige Bildungsprozesse ermöglicht, in dem sie selbstständig mit unterschiedlichen Materialien experimentieren und arbeiten können: Die Werkstatt.
Werkstattarbeit in Kitas: Ein pädagogisches Konzept
Die Werkstattarbeit ist ein pädagogisches Konzept, das in vielen Kindertagesstätten (Kitas) angewendet wird, um Kindern eine Umgebung zu bieten, in der sie durch eigenständiges Arbeiten und Experimentieren lernen und ihre individuellen Fähigkeiten und Interessen entfalten können. Im Folgenden wird dieses Konzept detailliert beschrieben und mit anderen pädagogischen Ansätzen verglichen.
Angebote mit Werkstattarbeit
Grundprinzipien der Werkstattarbeit
Die Werkstattarbeit basiert auf der Idee, dass Kinder am besten lernen, wenn sie in einer anregenden Umgebung selbstständig agieren und ihre eigenen Erfahrungen machen können. Dazu werden in der Kita verschiedene "Werkstätten" eingerichtet, die unterschiedliche Materialien, Werkzeuge und Lernbereiche abdecken. Die Kinder können sich frei für eine Werkstatt entscheiden und dort nach eigenen Interessen und in ihrem eigenen Tempo arbeiten und lernen.
Autonomie und Selbstbestimmung
Im Gegensatz zu anderen pädagogischen Konzepten wie der Fröbel-Pädagogik oder der Montessori-Pädagogik liegt der Fokus der Werkstattarbeit auf der Autonomie und Selbstbestimmung der Kinder. Die Erzieher*innen nehmen dabei eine unterstützende Rolle ein und bieten Anregungen, ohne den Lernprozess der Kinder zu dirigieren.
Die Rolle der Erzieher*innen
Erzieher*innen in Kitas, die das Konzept der Werkstattarbeit verfolgen, nehmen eine unterstützende und begleitende Rolle ein. Sie beobachten die Kinder, stellen geeignete Materialien und Werkzeuge zur Verfügung und greifen nur ein, wenn die Kinder Hilfe benötigen oder ihre Sicherheit gefährdet ist. Dabei geht es darum, die Selbstständigkeit und Eigeninitiative der Kinder zu fördern und sie in ihrem individuellen Lernprozess zu unterstützen.
Soziale Interaktion
Die Werkstattarbeit fördert die soziale Interaktion der Kinder, indem sie gemeinsam in den Werkstätten arbeiten und voneinander lernen. Dies unterscheidet sich von Ansätzen wie der bilingualen Erziehung, bei denen der Schwerpunkt auf dem Spracherwerb liegt.
Praktisches Lernen
Das praktische Lernen steht im Vordergrund der Werkstattarbeit. Ähnlich wie bei der Pestalozzi-Pädagogik oder dem situationsorientierten Ansatz haben die Kinder die Möglichkeit, durch praktische Erfahrungen und selbstständiges Handeln zu lernen.
Beispiele für Werkstätten
In einer Kita, die nach dem Konzept der Werkstattarbeit arbeitet, können unterschiedliche Werkstätten eingerichtet sein, zum Beispiel:
Mal- und Zeichenwerkstatt: In dieser Werkstatt können Kinder ihrer Kreativität freien Lauf lassen und verschiedene Mal- und Zeichentechniken erlernen. Sie können mit unterschiedlichen Materialien wie Farben, Stiften, Kreide oder Pinseln experimentieren und ihre künstlerischen Fähigkeiten entwickeln.
Holzwerkstatt: Die Holzwerkstatt bietet den Kindern die Möglichkeit, mit verschiedenen Werkzeugen und Materialien zu arbeiten und grundlegende Fertigkeiten im Umgang mit Holz zu erlernen. Dabei werden motorische Fähigkeiten, Hand-Auge-Koordination und räumliches Vorstellungsvermögen gefördert.
Musikwerkstatt: In der Musikwerkstatt können Kinder verschiedene Instrumente kennenlernen und ausprobieren. Sie können gemeinsam musizieren, Lieder singen oder Rhythmen erkunden. Die Musikwerkstatt fördert die musikalische Intelligenz, das Gehör und die soziale Kompetenz der Kinder.
Naturwerkstatt: Die Naturwerkstatt bietet den Kindern die Möglichkeit, die Natur und ihre Zusammenhänge spielerisch zu erforschen. Sie können Pflanzen, Tiere und Steine untersuchen, Naturphänomene beobachten und Experimente durchführen. Dies fördert das Umweltbewusstsein und das naturwissenschaftliche Verständnis der Kinder.
Forscherwerkstatt: In der Forscherwerkstatt können Kinder experimentieren, forschen und entdecken. Sie lernen, naturwissenschaftliche Fragestellungen zu bearbeiten und eigene Hypothesen aufzustellen und zu überprüfen. Die Forscherwerkstatt fördert das kritische Denken und das Verständnis für wissenschaftliche Zusammenhänge.
Rollenspielwerkstatt: Die Rollenspielwerkstatt ermöglicht den Kindern, in verschiedene Rollen zu schlüpfen und soziale Situationen nachzuspielen. Sie können ihre Kommunikations- und Konfliktlösungsfähigkeiten trainieren und Empathie entwickeln.
Die Auswahl der Werkstätten kann je nach Interessen der Kinder und pädagogischer Schwerpunkte variieren. Die Räume sind so gestaltet, dass sie den Kindern genügend Platz zum Entdecken, Ausprobieren und Lernen bieten.
Vergleich mit anderen Konzepten
Im Vergleich zum Wald- oder Naturkindergarten, der sich besonders auf den Aufenthalt und das Lernen in der Natur konzentriert, bietet die Werkstattarbeit eine größere Vielfalt an Lernbereichen und Materialien. Während der Wald- oder Naturkindergarten den Schwerpunkt auf Naturerfahrungen und Umweltbewusstsein legt, ermöglicht die Werkstattarbeit den Kindern, unterschiedliche Interessen und Fähigkeiten in verschiedenen Werkstätten zu entdecken und zu entwickeln.
Die Werkstattarbeit hat jedoch auch Gemeinsamkeiten mit anderen pädagogischen Ansätzen. So fördert sie ähnlich wie die Montessori-Pädagogik die Selbstständigkeit und Eigenverantwortung der Kinder. Im Vergleich zur Fröbel-Pädagogik, die ebenfalls das freie Spiel und die Kreativität der Kinder betont, ermöglicht die Werkstattarbeit jedoch ein höhereres Maß an Autonomie und Entscheidungsfreiheit für die Kinder.
Die Werkstattarbeit kann auch mit dem situationsorientierten Ansatz kombiniert werden, bei dem Erzieher*innen auf die individuellen Bedürfnisse und Interessen der Kinder eingehen und ihre pädagogischen Angebote daran ausrichten. Beide Ansätze legen Wert auf das selbstbestimmte Lernen und die aktive Beteiligung der Kinder am Entwicklungsprozess.
Fazit
Die Werkstattarbeit ist ein vielseitiges und flexibles pädagogisches Konzept, das Kindern die Möglichkeit bietet, ihre individuellen Interessen und Fähigkeiten durch eigenständiges Arbeiten und Experimentieren in verschiedenen Werkstätten zu entfalten. Dabei stehen Autonomie, Selbstbestimmung und praktisches Lernen im Vordergrund. Die Werkstattarbeit kann mit anderen pädagogischen Konzepten kombiniert werden und bietet so eine abwechslungsreiche und anregende Lernumgebung für Kinder in Kitas. Durch die detaillierte Beschreibung der verschiedenen Werkstätten und ihrer Inhalte wird deutlich, wie facettenreich dieses Konzept ist und wie es zur ganzheitlichen Entwicklung von Kindern beitragen kann.
Literaturverzeichnis:
Tielemann, Marion (2016): Werkstatt(t)räume : Werkstatt(t)räume für Kitas 12 Werkstattbilderbücher von Atelier bis ZaBu. Verlag das Netz: Berlin.
van Dieken, Christel (2010): Kinderkunstwerkstatt– ein Handbuch zur ästhetischen Bildung von Kindern unter drei Jahren. Verlag Das Netz, Berlin.