Montessori Pädagogik
In diesem Artikel werden wir die Montessori-Pädagogik und ihre Anwendung in deutschen Kindertagesstätten untersuchen. Wir beantworten Fragen rund um das Konzept, seine Grundsätze, Vor- und Nachteile sowie die Unterschiede zu anderen pädagogischen Ansätzen.
Kurze Übersicht über die Kernprinzipien der Montessori Pädagogik:
Das Prinzip der Selbstkorrektur
Ein zentrales Merkmal der Montessori-Pädagogik ist das Prinzip der Selbstkorrektur. Die Montessori-Materialien sind so gestaltet, dass die Kinder Fehler selbst erkennen und korrigieren können, ohne auf die Hilfe der Erzieherinnen und Erzieher angewiesen zu sein. Dies fördert die Selbstständigkeit, das Selbstvertrauen und die Problemlösungsfähigkeiten der Kinder.
Der freie Arbeitsrhythmus
Die Montessori-Pädagogik legt großen Wert auf die freie Wahl der Aktivitäten und den selbstbestimmten Arbeitsrhythmus der Kinder. Sie können selbst entscheiden, womit sie arbeiten möchten, wie lange sie an einer Aufgabe arbeiten und wann sie zu einer anderen Aufgabe wechseln. Dies fördert die Eigeninitiative, die Konzentrationsfähigkeit und die Selbstregulation der Kinder.
Die soziale Entwicklung
In der Montessori-Pädagogik wird auch die soziale Entwicklung der Kinder gefördert. Die Kinder arbeiten in altersgemischten Gruppen, was ihnen ermöglicht, voneinander zu lernen und soziale Kompetenzen wie Zusammenarbeit, Empathie und Konfliktlösung zu entwickeln. Die Erzieherinnen und Erzieher legen großen Wert auf die Schaffung einer respektvollen und unterstützenden Gemeinschaft, in der jedes Kind seine Persönlichkeit und seine Fähigkeiten entfalten kann.
Integration von Bewegung und Lernen
Die Montessori-Pädagogik erkennt die Bedeutung von Bewegung für das Lernen und die Entwicklung der Kinder an. Die Materialien und Aktivitäten sind so gestaltet, dass sie die körperliche Aktivität und die feinmotorischen Fähigkeiten der Kinder fördern. Die Kinder haben die Möglichkeit, sich frei im Raum zu bewegen und an Bewegungsaktivitäten teilzunehmen, die ihre motorische Entwicklung, ihr Gleichgewicht und ihre Körperwahrnehmung unterstützen.
Die ganzheitliche Bildung
Die Montessori-Pädagogik betrachtet Bildung als einen ganzheitlichen Prozess, der alle Aspekte der kindlichen Entwicklung einschließt - kognitive, emotionale, soziale und körperliche. Die Aktivitäten und Materialien sind darauf ausgerichtet, die verschiedenen Entwicklungsbereiche der Kinder gleichzeitig zu fördern und ihnen ein tiefes Verständnis für die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Themen und Erfahrungen zu vermitteln.
Individualisierung des Lernens
Die Montessori-Pädagogik legt großen Wert auf die individuellen Bedürfnisse, Interessen und Fähigkeiten der Kinder. Die Erzieherinnen und Erzieher beobachten die Kinder genau, um ihre individuellen Lernwege zu erkennen und sie gezielt bei ihrer Entwicklung zu unterstützen. Dies ermöglicht es den Kindern, ihr volles Potenzial auszuschöpfen und ihre Talente und Fähigkeiten auf natürliche Weise zu entfalten.
Maria Montessori – Ärztin, Mutter, Wissenschaftlerin
Maria Montessori wurde 1870 in Italien geboren und verstarb 1952 in Holland. Obwohl damals für Frauen verboten – aber aufgrund der herausragenden Leistung ausnahmsweise erlaubt - studierte sie Medizin in Rom. Nach Abschluss des Studiums arbeitete sie als Ärztin vor allem mit Kindern. Montessori eröffnete Kinderhäuser, in denen sie ihren pädagogischen Ansatz ständig weiterentwickelte. Schon zu ihren Lebzeiten war ihr Erziehungsparadigma international bekannt und geschätzt. Schlussendlich führte nach ihrem Tod ihr Sohn die Kinderhäuser weiter.
Eine neue Form in der Pädagogik
Zentral ist in dem Ansatz von Montessori, dass jedes Kind als einzigartiges Individuum mit seinen Stärken und Schwächen angesehen wird, dem auch von Seite der Erwachsenen Respekt entgegengebracht werden sollte. Zentrales Element des Ansatzes ist die Beobachtung. Dahingehend, dass das Verhalten der Kinder beobachtet wird und auf die Signale, die es aussendet, reagiert. Von daher fordert sie auch – im Zeitkontext des fin de siècle – "neue Erzieher:innen" und die „vorbereitende Umgebung“, um die Entwicklung der Kinder positiv zu beeinflussen. Es geht in dem pädagogischen Ansatz darum, die Kinder - die gemäß Montessori einen natürlichen Antrieb zum Lernen haben – voll in diesem Lernprozess zu unterstützen. Das bedeutet auch zu gleich, auf die Individualität jeden Kindes einzugehen und beispielsweise einen unterschiedlichen Lernrhythmus unter den Kindern zu akzeptieren.
Neue Erzieher:innen haben in dem pädagogischen Ansatz die Hauptaufgabe sich selbst vorzubereiten. Da es darum geht, dass sich das Kind offenbaren wird und dem/der neuen LehrerIn zeigen wird, was es will. Darauf haben die LehrerInnen in der Montessori-Pädagogik sich eben vorzubereiten, da sie auf die Signale der Kinder zu reagieren haben. Die Erzieher:innen sind daher nur Erfüllungsgehilfen, die den Lernprozess des Kindes unterstützen, aber selbst keine direkten Lernimpulse für die Kinder setzen. Es geht darum eine Hilfestellung zu geben, dass die Kinder sich die Umgebung aneignen können, aus der sie wiederum lernen. Die Kinder sind im Sinne der Montessori Pädagogik die Erzieher:innen für die Erwachsenen. Es ist durch seinen natürlichen Lerndrang selbst in der Lage aus der Umwelt zu lernen. So sagte Montessori auch selbst, dass die Kinder ihr ihre Methode lernen und nicht umgekehrt.
Angebote nach Montessori
Was macht die Montessori-Pädagogik aus?
Die Rolle der Erzieherinnen und Erzieher
In der Montessori-Pädagogik nehmen die Erzieherinnen und Erzieher eine andere Rolle ein als in traditionelleren Bildungsansätzen. Sie agieren als Begleiter und Beobachter der Kinder und unterstützen sie bei Bedarf, ohne sie zu dominieren. Ihre Hauptaufgaben sind:
Beobachten: Erzieherinnen und Erzieher beobachten die Kinder genau, um ihre individuellen Interessen, Bedürfnisse und Fähigkeiten zu erkennen und entsprechende Lernmöglichkeiten anzubieten.
Präsentieren: Sie stellen den Kindern die Montessori-Materialien und Aktivitäten vor und zeigen ihnen, wie sie damit arbeiten können. Dabei ist es wichtig, dass die Präsentation klar und präzise ist und die Kinder ermutigt, selbstständig mit den Materialien zu arbeiten.
Unterstützen: Die Erzieherinnen und Erzieher bieten den Kindern bei Bedarf Unterstützung und Anleitung, lassen ihnen aber auch genügend Raum, um ihre eigenen Entdeckungen und Erfahrungen zu machen.
Die vorbereitete Umgebung
Die Montessori-Pädagogik legt großen Wert auf die Gestaltung der Lernumgebung, um den natürlichen Lernprozess der Kinder zu unterstützen. Eine vorbereitete Umgebung zeichnet sich durch folgende Merkmale aus:
Ordnung: Die Materialien und Möbel sind übersichtlich und logisch angeordnet, um den Kindern Orientierung und Sicherheit zu bieten. Die Ordnung erleichtert es den Kindern, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren und selbstständig Entscheidungen zu treffen.
Schönheit und Ästhetik: Die Montessori-Umgebung ist ansprechend und ästhetisch gestaltet, um die Sinne der Kinder zu schärfen und ihre Aufmerksamkeit und Motivation zu fördern. Dabei werden natürliche Materialien, harmonische Farben und künstlerische Elemente verwendet.
Zugänglichkeit: Die Materialien und Möbel sind den Bedürfnissen und Fähigkeiten der Kinder angepasst, sodass sie leicht zugänglich und unabhängig nutzbar sind. Dies fördert die Selbstständigkeit und Eigenverantwortung der Kinder.
Vielfalt: Die Montessori-Umgebung bietet den Kindern eine Vielzahl von Lernmöglichkeiten, die unterschiedliche Interessen, Fähigkeiten und Entwicklungsstufen berücksichtigen. Dies ermöglicht es den Kindern, ihre eigenen Erfahrungen und Erkenntnisse zu sammeln und individuelle Lernwege zu verfolgen.
Montessori Materialien
Die Montessori-Pädagogik verwendet speziell entwickelte Materialien, die den natürlichen Lernprozess der Kinder fördern und ihnen konkrete Erfahrungen und Erkenntnisse ermöglichen. Die Materialien sind so gestaltet, dass sie die Sinne ansprechen, die Selbstkorrektur fördern und aufeinander aufbauend sind. Einige Beispiele für Montessori-Materialien sind:
Sensorische Materialien: Diese Materialien helfen den Kindern, ihre Sinne zu schulen und ihre Wahrnehmungsfähigkeiten zu entwickeln. Beispiele sind das Rosa Turm, die Braune Treppe und die Zylinderblöcke.
Mathematische Materialien: Diese Materialien unterstützen die Kinder beim Erlernen grundlegender mathematischer Konzepte wie Zählen, Sortieren, Addieren und Subtrahieren. Beispiele sind das Zahlenbrett, das goldene Perlenmaterial und die Stangen für die Hundertertafel.
Sprachmaterialien: Diese Materialien fördern die sprachliche Entwicklung der Kinder und helfen ihnen, Lesen, Schreiben und Kommunikationsfähigkeiten zu erlernen. Beispiele sind die Sandpapierbuchstaben, das Schreibbrett und das Lesebrett.
Kulturelle Materialien: Diese Materialien vermitteln den Kindern Kenntnisse über Geographie, Biologie, Geschichte und andere kulturelle Themen. Beispiele sind der Globus, das Puzzlematerial für die Kontinente und die Zeitlinie der Menschheitsgeschichte.
Was ist der Unterschied zwischen Montessori und dem Waldorf Ansatz?
Obwohl beide Ansätze auf einer ganzheitlichen Sicht des Kindes und der Förderung von Selbstständigkeit und Kreativität basieren, gibt es einige Unterschiede zwischen Montessori- und Waldorfpädagogik:
Gründung und Philosophie
Die Montessori-Pädagogik wurde von Maria Montessori entwickelt, während die Waldorfpädagogik auf den Ideen von Rudolf Steiner basiert. Montessori konzentriert sich auf die Selbstentwicklung des Kindes durch Freiheit und eigenständiges Lernen, während die Waldorfpädagogik den Schwerpunkt auf die Entwicklung von Körper, Seele und Geist legt.
Lehrpläne und Methoden
Die Montessori-Pädagogik bietet den Kindern eine vorbereitete Umgebung, in der sie ihre eigenen Interessen verfolgen und ihre eigenen Entscheidungen treffen können. Die Waldorfpädagogik hat einen strukturierteren Lehrplan, der auf Entwicklungsphasen basiert und die künstlerische und handwerkliche Entwicklung der Kinder fördert.
Rolle der Lehrer
In der Montessori-Pädagogik agieren die Erzieherinnen und Erzieher als Begleiter und Beobachter der Kinder, während in der Waldorfpädagogik die Lehrer eine stärkere Führungsrolle einnehmen und enge Beziehungen zu den Schülern aufbauen, indem sie oft über mehrere Jahre hinweg dieselbe Klasse unterrichten.
Die Montessori-Pädagogik ist ein einzigartiger und wertvoller Ansatz, der Kindern hilft, ihre Fähigkeiten und Talente auf natürliche Weise zu entwickeln. Durch die Förderung von Selbstständigkeit, Eigeninitiative und einem ganzheitlichen Bildungsansatz trägt die Montessori-Pädagogik dazu bei, dass Kinder gut auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts vorbereitet sind.
Literaturverzeichnis:
Becker-Textor, Ingeborg (2000): Maria Montessori. In (Hrsg.): Fthenakis, Wassilios und Textor, Martin: Das Jahrbuch der Frühpädagogik und Kindheitsforschung: Pädagogische Ansätze im Kindergarten, S. 29-40.
Erler, Luis (2000): Kosmische Erziehung – ein zentrales Element der Montessori-Pädagogik. In (Hrsg.): Fthenakis, Wassilios und Textor, Martin: Das Jahrbuch der Frühpädagogik und Kindheitsforschung: Pädagogische Ansätze im Kindergarten, S. 29-40.
Deutsche Montessori Gesellschaft e.V. (DMG): https://www.montessori-deutschland.de/
Lillard, Angeline Stoll (2005). Montessori: The Science Behind the Genius. New York: Oxford University Press.